Lässt sich Astrologie wissenschaftlich beweisen?

Auch wenn viel über Astrologie geredet wird, will sich öffentlich kaum jemand dazu bekennen, zumindest gelegentlich mit ihr in Berührung zu kommen. Denn dieses „Schmuddelkind“ der modernen Gesellschaft behauptet Zusammenhänge, die nach Meinung ihrer Kritiker gar nicht bestehen können.

Interessant ist jedoch das Ausmaß der Berührungsscheu: 1975 veröffentlichten achtzehn Nobelpreisträger und einhundertachtundsechzig weitere renommierte Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen in der amerikanischen Zeitschrift The Humanist ein „Manifest gegen die Astrologie“. Darin erklärten sie: „Wir meinen, dass es an der Zeit ist, die anmaßenden Behauptungen astrologischer Scharlatane nachdrücklich in Zweifel zu ziehen.“ Doch als Reporter der BBC einige von ihnen zu einem Interview einluden, lehnten sie mit der Begründung ab, sie hätten die Astrologie nicht studiert und sich auch nicht näher mit ihr befasst. Offenbar hatten die Herren keine Ahnung, was sie zurückwiesen. Skepsis gegenüber der Astrologie gibt es seit der Antike. Denn sie ist, ähnlich den Religionen, keine in sich geschlossene und widerspruchsfreie Theorie mit eindeutigen Definitionen. Durch ihre lange Tradition, die vielen Schulen und zahlreichen Richtungen steckt sie voller Widersprüche und Brüche.

Trotz ihrer magischen und ungeklärten Ursprünge sowie der unseriösen Art, mit der sie heute häufig praktiziert wird, ist ein Denkverbot in der Wissenschaft inakzeptabel. Nur eine kritische, konstruktive und vorurteilsfreie Forschung kann den Nachweis erbringen, welche Inhalte der Astrologie völlig falsch, teilweise richtig oder wissenschaftlich relevant sind. Zudem bleiben auch wissenschaftliche Wahrheiten immer nur vorläufig: Sie gelten gerade so lange, bis sie von anderen Experimenten bestätigt, verfeinert oder über den Haufen geworfen werden.

Noch nachdem die Brüder Wright mit ihren Maschinen geflogen waren, veröffentlichten Physiker Untersuchungen, die beweisen sollten, dass solche Flüge überhaupt nicht möglich seien. Edisons Erfindung der elektrischen Kohlefadenlampe wurde in einer Zeit als Hirngespinst verurteilt, als er sein Labor schon längst mit einer Glühlampe beleuchtete. Und unmittelbar nachdem der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel kategorisch ausgeschlossen hatte, dass es neben Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter und Saturn einen weiteren Planeten in unserem Sonnensystem geben könne, entdeckte Herschel den Uranus.

Aus wissenschaftstheoretischer Sicht besitzt die Astrologie dann eine empirische Grundlage, wenn reale Erlebnisse theoretischen Strukturen gegenübergestellt, miteinander abgeglichen und systematisiert werden. Trotzdem reicht dies nicht aus, um ihre Wirkung zu belegen. Denn für den Nachweis eines Zusammenhangs zwischen menschlichem Verhalten und Planetenkonstellationen muss sich jede Disziplin, die den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, den Forderungen nach Allgemeingültigkeit, Objektivität, Nachprüfbar- und Wiederholbarkeit unterwerfen. Die Erarbeitung statistischer Auswertungen auf Grund empirischer Erhebungen gilt dabei bislang als zwingendes Kriterium.

Doch auch die wissenschaftliche Objektivität ist eine Frage der Definition. Denn sie beruht auf einmal beschlossenen Annahmen, Dogmen und Glaubenssätzen über das, was als richtig, wahr, rational oder objektiv zu gelten hat. So können sich Mediziner, die Chemotherapien nach Krebserkrankungen befürworten, ebenso auf die Wissenschaft berufen wie ihre Kollegen, die diese ablehnen und stattdessen auf völlig andere Behandlungsmethoden setzen. Und während manche Erziehungswissenschaftler die Einschulung von Kindern im Alter von sechs Jahren fordern, bestehen andere auf Grund differierender Untersuchungsreihen ebenso vehement auf früheren oder späteren Zeitpunkten.

Zudem stellt sich die Frage, wie Aspekte der Seele, der Psyche, des Bewusstseins, der Emotionen, aber auch charakterliche Anlagen oder Liebe, Kunstgenuss und emotionale Berührbarkeit empirisch bewiesen werden können, wenn sie sich nicht wiegen oder zählen lassen. Diese Faktoren entziehen sich bislang ebenso der exakten Kontrolle wie der Versuch, Intelligenz konkret zu messen. Letztere ist ein so komplexer Gegenstand, dass Wissenschaftler es nicht einmal schaffen, sich darauf einigen, was unter diesem Begriff zu fassen ist, geschweige denn, wie ihr Umfang zu fixieren wäre. Das Problem trifft aber auch Religionen (die bis heute nicht beweisen können, ob es ein Leben nach dem Tod gibt) oder die Psychologie und deren Untersuchungen der Seele.

Verfahren, die lediglich auf quantitativen Zählmethoden beruhen, müssen also zwangsläufig scheitern. Leider brechen Astrologen an dieser Stelle häufig den Diskurs mit der Wissenschaft ab und erweisen sich selbst dadurch einen schlechten Dienst. Denn da sie die Beweislast für ihre Lehre tragen, sollten sie sich konsequent ihrer historischen und inhaltlichen Vergangenheit stellen, sich von magischen, okkulten, irrationalen und unseriösen Elementen trennen und nach rationalen Prüfkriterien forschen. Irgendwo müssen die Analogien zwischen menschlichem Verhalten und himmlischen Konstellationen ja herkommen.

Entscheidende Anstöße für die Weiterentwicklung der Erkenntnisse über die Astrologie sind dabei nur von einer gründlichen und zweckfreien Grundlagenforschung zu erwarten.